Januar 2010 Kap Horn 

Nachdem der Originalbericht über unsere Kap Horn Erfahrungen leider in den Weiten des Internethimmels eingegangen ist und auch nicht anderweitig abgespeichert war, muss ich hier in Neukaledonien bei 30Grad mich nochmals hinsetzen und den Bericht neu verfassen unter zu Hilfenahme von meinen damaligen Tagebucheinträgen sollte mir dies auch gelingen:

 

Nach der Sylvesterfeier in einem schönen Lokal mit einem angemessenen Menü haben wir die anschließenden Tage genutzt, dass Ernst – unser neuer Mitsegler aus Deutschland – noch ein Leihfahrzeug zur Verfügung hatte. Wir machten einen Ausflug ins Hinterland von Ushuaia, wo wir auf zahlreiche abgestorbene Bäume stießen,verursacht durch das rauhe Klima. Interessant waren auch die vom Wind stark geformten Bäume, die sie hier arbol bandera (Fahnenbaum) nennen.

 

Auf einem dieser Ausflüge konnten wir auch einige der putzigen Magellanpinguine beobachten.

 

Am 3. Januar, nach einem Großeinkauf und dem Ausklarieren brachen wir Nach Puerto Williams auf, ein kleinerer und sehr netter Ort auf der südlichen Seite des Beagle Kanals und bereits zu Chile gehörend. Bei dieser Überfahrt konnte sich Ernst mit den Segeleigenschaften der Delphin ein wenig vertraut machen.

 

In dem winzigen Hafen von Puerto Williams lagen wir im Päckchen längsseits der Micalvi – einem halb versunkenen alten Schiff. Der südlichste Yacht Club der Welt hat seine Räumlichkeiten in diesem Schiff untergebracht, wobei der wichtigste Teil davon die Bar darstellt.

 

Um uns in Chile einzuklarieren, brauchten wir diesmal nicht die Behörden aufsuchen, statt dessen kamen diese zu uns an Bord der Micalvi. Vier Mann hoch mit einigen Formularen zum Ausfüllen rückten sie an und erledigten alles zügig und sehr freundlich.

 

Wir wollten uns hier nicht lange aufhalten, da wir für die nächsten Tage ein gutes Wetterfenster für unsere geplante Fahrt zum Kap Horn gesehen hatten. Dies erforderte jedoch eine Bewilligung der chilenischen Marine (Armada de Chile), die man sich im Ort bei der Behörde holen musste. Die Bewilligung wurde uns nach ausführlicher Befragung dann auch erteilt.

 

Kap Horn! Das Ziel vieler Segler lag nun vor uns.

 

Wir starteten am 4.1. um 9.00 Uhr morgens und hatten eine ziemlich rauhe Überfahrt mit bis zu 45kn Wind und immer hart am Wind. Unsere Delphin segelte jedoch großartig und so liefen wir auch nicht die zur Sicherheit ausgewählte Ausweichbucht an, sondern fuhren gleich durch bis zum Kap.

 

Und da tauchte es am frühen Morgen des 5. Januar 2010 schließlich vor uns auf. Unspektakulär und doch so Sagen und Geschichten umwoben. Man kommt nicht umhin an all die Seeleute zu denken, die diesem Felsen im tiefen Süden zum Opfer gefallen sind, die vielen Schicksale, die sich hier erfüllten.

 

Nachdem wir das Kap querab hatten, wurde unser persönlicher Sieg dann mit einer Flasche Sekt gefeiert.

 

Die auf Kap Horn stationierte Armada ließ uns jedoch nicht ankern, geschweige denn mit dem Beiboot anlanden. Wir könnten, wenn wir wollten, kreisen und vielleicht würden wir dann die Erlaubnis erhalten. Sehr mysteriös. Aber nach kurzer Zeit hatten wir des Rätsels Lösung: Kurz hintereinander liefen zwei Kreuzfahrtschiffe in die Bucht ein und gingen vor Anker. Wir konnten dann beobachten, wie zahlreiche große Beiboote zu Wasser gelassen wurden, um eine Vielzahl der Passagiere an Land zu bringen. Wir sollten denen wohl nicht im Weg sein.

 

Aber Glück im Unglück: Eines der Schiffe war die Hanseatic Nr. 4 mit einem deutschen Kapitän an Bord. Dieser wiederum sah unsere Österreichische Flagge und rief uns über Funk. Nachdem Ernst seine Seeschifffahrtskarriere seinerzeit auf der Hanseatic Nr. 1 gestartet hatte, überließ ich ihm das Mikrofon. Nach einigen Worten hin und her, fragte Ernst, ob es nicht möglich wäre, dass eines der Beiboote der Hanseatic auch uns an Land bringen könnte. Man konnte. Der Kapitän schickte unverzüglich seinen 'Ersten' und nahm einen Teil der Crew, nämlich Ernst und Günter (D) mit an Land. Diese beiden berichteten hinterher, dass es mit unserem kleinen Dingi wohl unmöglich sei bei diesen Bedingungen heute anzulanden, da zu starker Schwell in die einzige Bucht zum Anlanden stand. Die Wege zum Wahrzeichen von Kap Horn und zur Station der Armada war von tausenden Kreuzfahrern gepflastert, also eh uninteressant, so unser Trost.

 

Die Beiden kamen mit dem letzten Beiboot der Hanseatic wieder an Bord und entschlossen wir uns dann gleich zur Abreise. Der aktuelle Wetterbericht, den wir ebenfalls von der Hanseatic erhielten, lautete dahingehend, dass wir ab Mittag mit Wind bis zu 40kn von NW, später auf SW drehend erwarten konnten. Wir hatten jedoch dann fast die ganze Zeit nur Gegenwind, allerdings bis max. 15kn, also eher schwach. Wir mussten daher auf unserem Rückweg fast alles unter Motor fahren.

 

Um nicht bei Finsternis in Puerto Williams einlaufen zu müssen, haben wir – nachdem wir bei der chilenischen Marine pflichtschuldigst um Erlaubnis anfragten - in einer wunderschönen Bucht, Isla Holger, geankert.

 

Am 6.1. sind wir wieder in Puerto Williams angekommen und haben uns diesmal nicht nehmen lassen, den Besuch in der legendären Bar der Micalvi nachzuholen, um gemeinsam mit vielen anderen Seglern und Armadaangehörigen unsere Kap Horn Umrundung gebührend zu begiessen. Der nächste Vormittag wurde von allen an Bord der Delphin verschlafen ….

 

Wie Ernst so schön in seiner Homepage geschrieben hat, war dies nun die Pflicht und jetzt sollte die Kür folgen. Mit Kür waren die chilenischen Kanäle mit ihren Tausenden von Buchten und Unmengen von Gletschern gemeint.

 

Am 8.1. fuhren wir zunächst nach Westen an Ushuaia vorbei zur Caleta Ferrari. In dieser Bucht befindet sich eine Estancia mit Reitpferden, die von dem chilenischen Gaucho José und seiner aus Belgien stammenden Partnerin Annemie bewohnt und bewirtschaftet wird. Die Estancia und die gesamte dazugehörige riesige Landschaft wurde von einem amerikanischen Ökofreak gekauft, der damit verhindern wollte, dass irgendjemand hier in die Natur eingreifen würde. Die ganze Estancia wird auch in diesem Sinne geführt, die Pferde sowie 15 Hunde laufen frei herum. José hatte sich lediglich ein Pferd ausgesucht, das er im Stall hat, mit dem er bei Bedarf andere Pferde einfangen kann.

 

Die Hunde wurden allem Anschein nach auch mit Pferdefleisch gefüttert, da man rund um das Anwesen viele abgenagte Pferdeknochen verstreut liegend fand. Wir planten zusammen mit der Zweiercrew eines ebenfalls in dieser Bucht ankernden Seglers einen gemeinsamen Ausritt. José ging gleich daran, die erforderlichen Pferde einzufangen. Für mich zum Glück waren dann doch zwei Pferde zu wenig, sodass ich in Erinnerung an meine letzten Reiterfahrungen mit anschließenden wochenlangen Ischiasschmerzen gern auf diesen Ausritt verzichtete. Günter (D) schloss sich mir an. Wir waren beide doppelt froh, als wir sahen, dass es dann auch noch stark regnete.

 

Dies tat jedoch der Laune und der Begeisterung der Anderen keinen Abbruch, durchfroren und glücklich kamen sie einige Stunden später wieder zurück.

 

Januar 2010, 2. Teil ab 11.01.:

 

Am frühen Morgen, es war erst 6.00 Uhr, machte plötzlich Erich alles startklar, um die Bucht zu verlassen. Einige Windböen hatten uns etwas näher ans Ufer gedrückt, sodass zu befürchten war, dass der Anker eventuell nicht gut hält und zu slippen begonnen hat. Durch das geräuschvolle Herumwerken, hat Erich es geschafft, dass die ganze Crew munter wurde und sich am Auslaufmanöver beteiligte. Einmal wach, beschlossen wir, den Tag gleich auszunützen und

unseren Törn fortzusetzen.

 

Und so verließen wir also die C a l e t a M o r n i n g early in the morning. Unser heutiges Tagesziel war der S e n o P i a. Es nieselte und regnete fast den ganzen Tag über. Da aber die Etappe an diesem Tag nicht sehr groß war, waren wir schon so gegen Mittag im Seno Pia und fuhren zunächst noch dessen linken Arm hoch, Brazo Pia este. Auch hier kamen uns immer wieder große Eisbrocken entgegen, denen wir aber leicht im Zickzack-Kurs ausweichen konnten.

 

Im Laufe der nächsten Tage haben wir noch viele Gletscher gesehen, die teilweise bis zum Meer herunterstürzten, teilweise eine Moräne vor sich herschiebend, weiter oberhalb des Wasserspiegels endeten.

 

Einen dieser wunderbaren Gletscher, V e n t i s q u e r o R o m a n c h e, haben wir dann auch abwechselnd mit Hilfe unseres Dingis näher besichtigt. Wir waren alle erstaunt, dass unmittelbar neben dem Gletscher sich eine unglaubliche Vielfalt an grünen und blühenden Pflanzen entwickeln und prächtig gedeihen konnte. Die faszinierende hell bis dunkelblaue Farbe der Gletscher, kann man nur teilweise mit dem Fotoapparat einfangen und wiedergeben.

 

In der Bucht C a l e t a B e a u l i e u, nähe Ventisquero Romanche, haben wir, vor Buganker liegend und mit 2 Landleinen festgemacht, den ganzen Dienstag 12.1. verbracht. Zunächst hatten wir viel Regen und sind wir daher alle, ohne dies vorher besprechen zu müssen, Indoor-Beschäftigungen nachgegangen: Foto am PC sortieren, angefangene Bücher fertig lesen, Berichte schreiben etc.

 

Am Nachmittag hat sich dann doch ein kleines 'Wetterfenster' ergeben, wo wir alle hinaus gestürzt sind, um ein wenig die nähere Umgebung zu ergründen. Die Crew hat sich dabei aufgeteilt: Wir Österreicher sind in die Berge, d.h. wir haben einen Gipfel erklommen, die Deutschen sind zum Wasserfall. Alle waren jedoch von der Herrlichkeit der Natur angetan und wurden am Abend die Fotos der jeweiligen Ausflüge ausgetauscht.

 

Einer der mächtigsten Gletscher dieser insgesamt eine Woche dauernden Rundreise, war der Gletscher G a r i b a l d i. Noch bevor wir diesen erreichten, sahen wir erstmals einen majestätisch über den Gipfeln schwebenden Condor.

 

Als wir in die Nähe des gewaltigen Garibaldi-Gletschers kamen, konnte man schon von weitem einen Seelöwen Bullen hören, der hier mit seinem Harem, bestehend aus ca. 10 Seelöwen Damen wohnt.

 

Nachdem wir mit der Delphin vor dem Garibaldi eine Fotosession abgehalten hatten (Ernst und Günter (A) haben unsere Delphin vom Dingi aus fotografiert), ging es weiter zur I s l a C h a i r, Caleta Cushion. Diese kleine Bucht beherbergte wiederum einige Delphine, sowie wunderschöne, bunte Kingfisher oder zu deutsch Eisvögel.

 

Die Abfahrt am nächsten Vormittag war zunächst nicht ganz einfach, da sich unser Anker in einer alten Fischreuse oder viel wahrscheinlicher eine Reuse, mit der die hier berühmten großen Centollas Königskrabben, gefangen werden, verfangen hatte. Nach einigen Anstrengungen, konnte jedoch Günter (D) uns wieder befreien.

 

Unsere Weiterfahrt führte uns nun durch den B r a z o S u d o e s t e wieder Richtung Puerto Williams. Wir fuhren nunmehr Richtung Osten. Endlich hatten wir wieder einmal Wind und Strom für uns: mit einer auf unserem GPS gemessenen Geschwindigkeit von 9,7kn (!) über Grund brausten wir wieder durch die wundervolle Natur, an vielen Gletschern, Wasserfällen, Wäldern etc. vorbei.

 

Die letzten beiden Stationen vor Puerto Williams waren die C a l e t a B o s q u e und Navarino. In N a v a r i n o gibt es eine kleine Ansammlung von Häusern sowie eine große Funkstation.

 

Die Zeit unserer beiden Mitsegler Günter (A) und Ernst neigte sich ihrem Ende zu. Nachdem die Beiden am 19.1. ein Flugzeug von Ushuaia nach Buenos Aires bringt, von wo aus die Heimreise nach Europa erfolgt, sollten wir rechtzeitig in Ushuaia sein. Dies führt bekanntlich über Puerto Williams, wo wir die Ausreise aus Chile bei den Behörden deklarieren müssen.

 

Nach einem letzten abendlichen Besuch in der Bar Micalvi, übernimmt Ernst als Frühaufsteher, nachdem die Crew mehrheitlich noch schläft, um 8.45 Uhr, das Ruder und legt ab, Richtung Ushuaia. Die Strecke, die nach Westen verläuft, konnte größtenteils segelnd zurückgelegt werden, was bei dem ansonsten vorherrschenden Westwind äußerst selten ist. Die letzten Meilen wurden dann aufkreuzend bewältigt.

 

Am späten Nachmittag lagen wir wieder in Ushuaia längsseits als 2. Schiff im Paket. Gemeinsam ging es dann wieder zu den Behörden. Wir wurden aufgefordert in spätestens zwei Stunden wiederum an Bord zu sein, weil zu den Anmeldeerfordernissen auch ein Lokalaugenschein durch die Behörden auf der Delphin notwendig wäre. Wir konnten daher unser Abendessen im Restaurant nicht mehr gemütlich ausklingen lassen, da wir ja wieder zurück an Bord mussten. Dort angekommen warteten wir und warteten, zwischenzeitig wurden wir wieder durstig und so leerten sich einige Gläschen Wein und Döschen Bier. Aber von den Behörden zeigte sich niemand, wir wurden nur zum Narren gehalten.

 

Die nächsten beiden Tage, an denen wir noch zu fünft waren, vergingen dann wie im Fluge und der Abschied näherte sich mit großen Schritten.

 

Wir hatten in den beiden, Günter (A) und Ernst, großartige Begleiter, stets hilfsbereit, ob beim Verproviantieren, am Ruder, beim Ab.- und Anlegen, beim Kochen, beim Abwasch etc. etc. Wir

danken für die vielen schönen Stunden, die wir gemeinsam und fröhlich verbringen durften und freuen uns auf ein Wiedersehen.

 

Nachdem wir nur noch zu Dritt – Günter (D) ist nach wie vor an Bord - waren, haben wir noch einige Tage in Ushuaia verbracht, um notwendig gewordene Arbeiten und Besorgungen zu erledigen wie zB Wäschereinigen, Wassertanken, Diesel tanken, neuerliche Verproviantierung usw.

 

Am 25.1. werden wir dann wiederum weiterreisen.

 

P.S.: Die Berichte, die Ernst sehr gewissenhaft und amüsant verfasst, können nachgelesen werden unter: www.merry.mary.de.