August 2012, 1. Teil
Wir verließen um ca. 9.00 Uhr Lokalzeit die Marsden Cove Marina nach dem Ausklarierungsprozedere und waren schon gespannt was uns an diesem Tag erwarten würde nachdem wir beim Weg zum Marinabüro noch andere Segler trafen, die uns unaufgefordert aber wohlmeinend zu unserem Trip ihre Wetterprognosen abgaben. Jener Segler, der am Vortag vom Norden hier ankam, meinte, uns würden so bis 35kn Wind erwarten, der Dentist, dessen Schiff wir aus der Robertson Werft kannten, prognostizierte uns gar 45kn – also Sturm. Da waren wir mit unserer Voraussage mit ca. 25kn doch eher bescheiden.
Die ersten Meilen hatten wir jedoch den Tidenstrom mit uns, sodass es in rasanter Fahrt bis zum ca. 9sm entfernten Kap ging. Es stellte sich glücklicherweise heraus, dass wir an diesem Tag mit unserer Prognose 25kn Wind doch am besten lagen. Jedoch leider - wie so oft - direkt auf die Nase, das hieß zunächst, dass wir nicht den direkten Kurs anlegen konnten, sondern eher einen nordöstlichen Kurs einschlagen mussten. Zum Gegenanfahren kamen dann noch eine Reihe von Regenfronten, die jeweils unterschiedliche Windstärken mit sich brachten von 5 bis 25kn war alles dabei. Das bedeutete jede Menge Manöver; von Aus.-, und Einreffen bis Wende und Halse war alles dabei und so zwischendurch gab es auch ein paar 'Ringerl', wenn die Delphin in den Wind geschossen ist. Aber zum Eingewöhnen nach der langen Segelpause gar nicht schlecht.
Zwischen den zuvor erwähnten Squalls hatten wir Sonnenschein und auch angenehme 18Grad. Nach den ersten Tagen verließ uns dann der Wind – mit Ausnahme von schnell durchziehenden Squalls, die uns immer wieder für kurze Zeit segeln ließen – und wir motorten für ca. 10 Stunden. Gegen Morgen des 05.08. brachte uns eine starke Regenfront mit bis zu 30kn Wind endlich die erwünschte Winddrehung aus West, sodass wir endlich auf direktem Kurs nach Neukaledonien waren und das mit ca. 7kn.
Die Freude hielt jedoch nicht ewig, schon gab es wieder Wind auf die Nase und wir segelten eher Richtung Fiji. So nach und nach ließ uns der Wind wieder zurückdrehen auf unseren Wunschkurs.
Am 08.08. lief dann alles nach Wunsch: Zunächst sorgte Erich für unser Abendessen, in dem er einen Thunfisch an Bord holte, dann hatten wir einen super Halbwind, fast keine Welle und wir rauschten mit 7kn und mehr über den Stillen Ozean.
Tags darauf wieder einige Flautestunden, in denen wir meistens unter Motor unterwegs waren, da der Schwell unsere Delphin stark rollen ließ.
Während einer kurzen Motor.- und Segelpause, in der wir gerade beide unter Deck beschäftigt waren (tsts nicht was ihr denkt: ich mit Nähen und Erich am PC!) hörte ich plötzlich einen Wal ganz Nahe an unserer Yacht blasen. Wir sahen ihn dann noch zwei Mal kurz auftauchen, aber anscheinend war sein Interesse an uns gestillt und er zog wieder weiter. Beweisfotos gibt es leider keine, da die Auftauchphasen des Wals sehr kurz waren.
Seit einigen Tagen hatten wir uns zu einer Funkrunde angemeldet, die von Winfried von der 'Anna Maria' geleitet wird. Er begleitet die angemeldeten Schiffe weltweit (speziell jedoch in diesem Gebiet) und versorgt sie mit den aktuellen Wetternachrichten und sonstigen nützlichen Informationen. Von ihm hörten wir auch, dass ab 10./11. August starker Nordwind im Bereich Neukaledonien zu erwarten ist und es besser wäre, wenn wir dann schon angekommen sind. Wir hatten jedoch noch 150sm. Ein Blick in das von uns heruntergeladene Wetterfax bestätigte uns die Vorhersage und nachdem auch für die weiteren Tage keine Winddrehung zu erwarten war, entschlossen wir uns zu der unsportlichen Variante des Motorbootfahrens.
Ganz ohne Reparatur sollte auch diese Überfahrt nicht vorübergehen. Am 9. Tag nach unserer Abreise entdeckte Erich wieder einmal Diesel in der Bilge im Motorraum. Die Ursache war schnell gefunden: Der Treibstoff kam aus einem porös und leck gewordenen Teil der Dieselzufuhr. Dieses Teilstück von der Dieselleitung wurde gleich ausgetauscht und sollte nun wiederum alles funktionieren. Aber wie es so ist, es gibt kaum eine Reparatur, die nicht andere nach sich zieht, beim nächsten Start des betroffenen Motors sprang dieser nicht an. Grübel, grübel und studier:
Wahrscheinlich ist Luft in der Einspritzdüse, verursacht durch den Schlauchwechsel. So war es dann auch. Die Einspritzdüse wurde entlüftet und der Motor lief wieder wie ein Glöckerl. Der Flüssigkeitsverlust beim Erich durch die Arbeit im heißen Motorraum wurde mit Bier ausgeglichen, sodass auch in dieser Hinsicht wieder alles paletti war.
In Sichtweite der südlichsten Neukaledonischen Insel, Ile de Peins, drehte der Wind etwas, sodass wir zusätzlich zum Motor auch die Segel setzen konnten, was den daherkommenden Gegenstrom etwas egalisierte.
Pünktlich am 10.08. zum Sonnenuntergang konnten wir den Anker kurz nach der Havannahpassage in der hübschen Bucht Port Boise fallen lassen.
Es gab bei dieser Überfahrt natürlich auch einige atemberaubende Sonnenunter.- und Aufgänge sowie herrliche Regenbögen beim Durchzug der Fronten. Alles in allem eine zufriedenstellende Überfahrt mit einigen Höhen und kleineren Tiefen.
Nachdem uns berichtet wurde, dass die Franzosen – ja Neukaledonien ist wie Französisch Polynesien in französischer Hand - beim Einklarieren nicht so pingelig sind und es einem nicht übel nehmen, wenn man vor der Ankunft in der Hauptstadt Nouméa schon mal vor Anker geht, nutzten wir dies gleich tüchtig aus: Endlich wieder in der Nacht Durchschlafen, kein Schaukeln mehr, am Morgen in das glasklare Wasser hüpfen (ca. 21Grad) und das herrliche Grün am Ufer betrachten (an Land gehen vor dem Behördengang ist nicht zu empfehlen).
Um der Hauptstadt näher zu kommen und vor dem starken Westwind in Deckung zu gehen, verlegten wir uns in die nächste ca. 9sm entfernte Baie de Prony, wo aufgrund des Wochenendes reges Segeln angesagt war. Trotzdem finden wir eine einsame Bucht, wo wir auch noch die nächsten Tage bis Mittwoch abwarteten.
August 2. Teil
Wie bereits im letzten Bericht erwähnt, machten wir uns am Mittwoch, dem 15. August nach Nouméa auf, um endlich unseren 'illegalen' Status loszuwerden und uns bei den Behörden zu melden.
Die ca. 25sm brachten wir bei Sonnenschein und ruhigem Wasser innerhab der Lagune segelnd hinter uns. Schon von weitem sahen wir, dass hier sportmäßig viel los ist: Ruderer, Kitesurfer, Paragleiter, Wassermopedfahrer und natürlich jede Menge Segler und Motorbootfahrer.
Wieder einmal fiel unser Anker bei Sonnenuntergang.
Am nächsten Tag suchten wir die Marina mit unserem Dingi auf und erhielten genaue Informationen, wo sich die Behörden (Zoll, Immigration und Quarantäne) befinden. Wir schlossen einen 3Tagesvertrag mit der Marina, der berechtigte unser Dingi sicher bei ihnen zu parken, die Toiletten.- und Duschräume sowie Wifi zu benützen.
Wie meistens ist das Aufsuchen der Behörden auch gleichzeitig eine kurze Stadtbesichtigung. Hier jedoch waren wir uns einig, dass dies nicht der schönste Teil der Stadt gewesen sein kann: Überall lag viel Abfall herum und es gab viele zwielichtige Gestalten, die uns teils sitzend, liegend oder herumstehend auf den Gehwegen unter kamen. Instinktiv habe ich meine Handtasche wieder enger an mich gedrückt.
Nachdem wir unsere 'Hausaufgaben' erledigt und dieses unwirtliche Viertel verlassen hatten, kamen wir an einen hübschen Park, der uns dann doch eine andere Seite Nouméas zeigte und wir belohnten uns auf einer Caféterrasse in diesem Stadtpark an der Seite eines Seerosenteiches mit einem verspäteten Frühstück.
Gegenüber unseres Ankerplatzes befand sich die Anlegestelle für die Großschifffahrt. Sehr zeitig am morgen des 17.08. wurden wir durch lauten Motorlärm geweckt. Beim Blick aus dem Fenster, sahen wir ein mindestens 10stöckiges Hochhaus an uns vorbeigleiten. Das Kreuzfahrtschiff 'Pacific Jewel' ist in den Hafen eingefahren, in Begleitung eines Lotsenbootes.
Bevor wir eine erweiterte Stadtbesichtigung vornahmen, besuchten wir noch kurz die Pacific Jewel und den für die Passagiere eigens errichteten hübschen Souvenirmarkt.
Nouméa besitzt einen Pflanzen.- und Tierpark, der etwas ausserhalb des Stadtzentrums auf einer Anhöhe liegt und nicht direkt mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zu erreichen ist. So haben wir einen ca. halbstündigen Fußmarsch in Kauf genommen, um dorthin zu gelangen. Der Park ist sehr hübsch angelegt und sind hauptsächlich heimische Vögel und Reptilien dort in weitgehend natürlicher Umgebung ausgestellt. Was für Neuseeland der Kiwi Vogel, ist für Neukaledonien der Cagou. Dieser Vogel kann ebenso wie der Kiwi nicht fliegen und ist zum Symbol Neukaledoniens geworden. Auch ihn konnten wir in dem Tierpark bestaunen.
Auf dem Rückweg zur Stadt kamen wir an einem Slumviertel vorbei, das wir hier eigentlich nicht erwartet hätten, nachdem Nouméa in den Reiseführer als die am weitesten entwickelte Stadt im südpazifischen Raum (außer Neuseeland) beschrieben wird.
Mit dem Dingi fuhren wir am nächsten Tag in die nur ca. 1 Meile entfernte Baie de Citron, die neben Anse Vata, d i e Touristenstrände Nouméas bilden. Schon von weitem sahen wir, dass es am Strand eine Veranstaltung gibt. Bevor wir uns in einem der Strandcafés niederliessen und dem Stehpaddelrennen zusahen, besichtigten wir das zwischen den beiden Stränden liegende Aquarium und sind davon total begeistert. In sehr großzügigen, vorbildlich gepflegten und natürlich angelegten Becken werden sämtliche heimische Fischarten und sonstiges Getier zum Betrachten dargeboten. Man kann selbst in einem total abgedunkelten Raum die leuchtenden Tiefseefische bestaunen. Auch die nur hier in Neukaledonien vorkommende Nautilus Schnecke - wie bereits der erwähnte Cagou ebenfalls ein Symbol Neukaledoniens – konnten wir beobachten.
Um endlich wieder gleich vom Boot aus ins Wasser springen zu können, zogen wir nach einigen Tagen in die ca. 9sm nördlich gelegene Bucht Baie de Maa weiter. Hier lagen wir sehr ruhig in klarem Wasser. Die hügelige mit hohem Gras bewachsene Bucht lockte uns zu einem querfeldein Spaziergang. Am Ufer, wo wir das Beiboot an Land stellten, fanden wir zwei leere Nautilusgehäuse, die wir sogleich in unsere Souvenir.- und Schatzkiste verschwinden ließen.
Bei unserem Spaziergang trafen wir immer wieder auf Fahrzeugspuren über die wir uns zunächst wunderten. Nach einiger Zeit am anderen Ende der Landzunge trafen wir auf einen niederen Zaun, über den wir kletterten und kamen zu einer kleinen Ansiedlung. Mit der Aussicht dort etwas zum Trinken zu erhalten, gingen wir darauf zu. So nach und nach überholten uns dann auf der Ortseinfahrtsstraße Pickups. Auf einem dieser Fahrzeuge war erlegtes Dammwild zu sehen. Als einer der Fahrer bei uns anhielt, um uns darüber aufzuklären, dass dies hier alles Privatbesitz sei und hier vor kurzem eine Jagd stattfand, war alles klar. Er verscheuchte uns noch mit dem Hinweis, dass die Jagd jetzt vorbei sei und wir uns durch unsere Wanderung in Gefahr gebracht hätten. Na ja was weiß ein Fremder! Aus unseren Reiseführern wussten wir bereits, dass in Neukaledonien seinerzeit Dammwild aus Schweden eingeführt wurde und dieses mangels natürlicher Feinde bereits zur Plage wurde und daher auch massiv gejagt wird, jedoch dass diese Jagden von Fahrzeugen aus und direkt am Ufer stattfinden, daran hätten wir nicht geglaubt.
Als nächstes lockte uns ein Plakat, das wir in Nouméa vor einigen Tagen gesehen hatten, wieder zurück in die Hauptstadt: Carneval in Nouméa und das im August. Mit zig Tausend Besuchern stellten wir uns an den Straßenrand, an dem der Corso vorbeiziehen würde. Der Vorbeimarsch der ca. 20 prachtvoll geschmückten Fahrzeuge mit den begleitenden Tänzerinnen und Tänzern dauerte ca. 2 Stunden und im Anschluss daran wurde ein voluminöses und farbenprächtiges Feuerwerk direkt am Hafen geboten, das wir – erste Reihe fußfrei – von der Delphin aus beklatschten.
Nach diesem Fest wurde es für uns Zeit Nouméa endgültig zu verlassen und so segelten wir wieder zurück an die Südspitze von Neukaledonien, um bei passenden Winden dann zu den Ils des Loyautés (Loyalitätsinseln) zu segeln. Dort sollte uns noch mehr ursprüngliche melanesische Kultur erwarten.
Bereits nach 2 Tagen hatten wir für die ca. 80sm Überfahrt zu der südlichsten der Loyalitätsinseln Maré ideale Segelbedingungen und wir legten los. Wir erreichten den Hafen von Tandine auf Maré um Mitternacht und ließen bei einem Gläschen Wein den herrlichen Segeltag im Cockpit Revue passieren.