Oktober 2010

 

Wie jedes Jahr begann auch diesmal der Oktober mit einem wunderschönen Fest, nämlich meinem Geburtstag. Ich habe mich sehr über die vielen Gückwünsche per SMS, E-Mail und Facebook gefreut.

 

Nach einigenWartungs.- und Instandhaltungsarbeiten am Schiff, haben wir einen kleinen aber sehr schönen Landausflug Mitte des Monats nach V i l l a r i c a auf die Farm von Wolfgang, dem Betreiber des Patagonia Nets, unternommen. Die zweistündige Busfahrt dorthin führte uns durch den grünen chilenischen Süden. Villarica liegt an dem gleichnamigen See sowie Vulkan. Vom wunderschönen Gästehaus der Farm 'Mathilda' hat man einen einmaligen Blick auf beides. Die stete Rauchfahne über dem Vulkan Villarica deutet auf dessen Tätigkeit, wenngleich der letzte Ausbruch bereits einige Jahrzehnte zurückliegt. Obwohl Wolfgang mit Arbeit rund um sein Anwesen eingedeckt ist, hat er sich doch Zeit genommen, um mit uns zu plaudern und uns immer wieder zu chauffieren.

 

Nach dieser schönen Zeit in Villarica beschlossen wir, wieder ein wenig Segeln zu gehen, und zwar nochmals Richtung Süden in die Kanäle, wo es uns die einmalige Landschaft angetan hat. Das hiess zunächst Vorbereitungen zu treffen wie etwa Wasser,-, Diesel und Lebensmittel bunkern, Wetterberichte einholen, Seekarten vorbereiten und nicht zuletzt die Behördenbewilligung einholen.

 

Am 20. Oktober hatten wir alles zusammen und so konnte es bei einem prognostizierten Nordwind Richtung Süden gehen.

 

Ja, ja, erstens kommt es anders zweitens als man denkt! Der Nordwind kam diesmal aus dem Süden und wir fuhren nach Westen, dann zurück nach Osten, wieder nach Westen und wieder nach Osten. Nach 1 ½ Tagen standen wir ca. 15 sm südlicher als beim Start der Reise. Als der Wind aus Süd endlich nachließ fuhren wir unter Motor einige Stunden in die gewünschte Richtung bis schließlich doch noch der erhoffte Nordwind einsetzte und wir richtiggehend nach Süden abrauschten mit durchschnittlich 6 bis 7 kn. Die Temperaturen waren erträglich so um 15 Grad. Die Windstärke betrug zwischen 25 und 30kn, in den Böen bis 40kn.

 

Wir beobachteten wiederum die vielen Seevögel, die lautlos und akrobatisch über den Wellen schweben, die großen Albatrosse, die schwarz weiß gefleckten Petrels sowie die kleinen Seeschwalben, die zwischendurch immer wieder auf dem Wasser laufen, um kleine Fische anzulocken.

 

Wir gingen diesmal außerhalb der Insel Chiloé vorbei und am Vormittag des 25.10. kamen wir zum allseits gefürchteten G o l f o d e P e n a s. Die Anfahrt dorthin könnte man als sehr sportliches Segeln umschreiben. Wir waren angenehm überrascht als uns im Golf zum herrschenden Nordwind ein Strom von 3 bis 4 kn zu Spitzengeschwindigkeiten bis 11kn verhalf und das bei wenig Welle. Im Hintergrund des Golfes sahen wir die Gipfel der schneebedeckten Berge in wunderschönes Sonnenlicht getaucht.

 

So gegen Mitte des Golfes verließen uns jedoch Wind und Strom. Wir fuhren dann den Rest bis zu unserer Ankerbucht, C a l e t a I d e a l, - sehr unsportlich - unter Motor. Da es bereits 09.30 Uhr abends war, tasteten wir uns unter Hilfe von Radar und dem allerletzten Tageslicht in die Bucht.

 

In Vorfreude auf ein gutes Abendessen und baldiger Ruhe warfen wir den Anker in der Mitte der Bucht, wie in unserem Hafenhandbuch beschrieben. Der ebenfalls beschriebene gute Ankergrund erwies sich jedoch als widerspenstig. Erst der 4. Versuch bei nunmehriger völliger Finsternis, war erfolgreich und der Anker hielt. Kelp und Fels hatten das mehrmalige Ankern notwendig gemacht. Aus dem guten Abendessen wurde aufgrund der späten Stunde aufgewärmtes Dosenfutter. Die anschließende Nacht war jedoch sehr ruhig und wir konnten gut schlafen, seit Tagen ohne Nachtwache.

 

Am Morgen waren wir sofort wieder vom herrlichen Anblick der Natur eingefangen. Diese wundervolle Landschaft begleitete uns dann die nächsten Stunden, in denen leider kein Segeln möglich war, bis zu unserer nächsten Bucht, C a l e t a F e l i z. Diese liegt am Ende eines Fjordes und wäre ideal, gäbe es hier nicht diese kleinen gräßlich stechenden Mücken. Nachdem der Anker diesmal gleich beim ersten Manöver hielt, brachten wir noch eine Landfeste aus und unternahmen eine kleine Ruderpartie in die Idylle dieses Ankerplatzes. Wir scheuchten Wildgänse auf und umrundeten eine kleine Insel. Sicherheitshalber brachten wir noch eine zweite Landfeste nach der Rückkehr von unserem kleinen Beibootausflug aus. Anschließend gab es dann auch das für gestern geplante gute Abendessen sowie eine kleine Feier zum heutigen Österreichischen Nationalfeiertag, 26.10., mit unserer heimlichen Hymne 'I am from Austria'. Am Ende der Welt wird man plötzlich – oder war man es eh schon immer? - Patriot.

 

Am späten Nachmittag des 27.10. erreichten wir, vorbei an Gletschern, Inseln, vielen Wasserfällen unser Ziel, die C a l e t a T o r t e l, in der das gleichnamige Dorf mit ca. 300 Einwohnern eingebettet liegt. Wir wurden bereits von Paul aus Dänemark (SY Pi) erwartet. Er hatte uns einen sehr sicheren Platz längsseits des Motorschiffes 'Don Tito' reserviert. Don Tito liegt an einer eigens für sie installierten großen Boje. In dem großen Hafenbecken lagen lediglich nunmehr außer der Delphin die zwei bereits erwähnten Schiffe sowie die sehr große Motoryacht Huemules, auf der wir von Rachel mehrmals zum Essen und anschließendem 'Kino' eingeladen wurden.

 

Paul ist bereits seit 6 Monaten, wenn auch nicht ganz freiwillig, hier. Er wartet hier am Ende von der besiedelten Region Patagoniens, auf seinen neuen Motor, nachdem der alte seinen Geist nach vielen Reparaturversuchen endgültig aufgab. Seit ungefähr 10 Jahren gibt es hier eine unbefestigte Straße zur nächsten Ortschaft, Cochran, zu welcher man in einer dreistündigen Rüttelfahrt mit einem Kleinbus gelangt. Zuvor war man auf einen kleinen Flughafen angewiesen, von wo aus einmal die Woche, zu sehr günstigen Preisen, eine kleine Maschine nach Coyhaique, ca. 11 Busstunden von hier, flog. Den Ort Tortel gibt es erst seit 1955. Man lebt hier vom Sommertourismus, der ca. 4 Monate dauert. Die Preise sind hoch, was man glaubt durch den niedrigen Komfort ausgleichen zu können. Einkaufsmöglichkeiten sind spärlich. Die Einheimischen holen sich ihre Güter aus den beiden oben genannten Ortschaften, obwohl dies pro Einkaufsfahrt meist auch eine Übernachtung einschließt.

 

Das wirklich Besondere an dieser Ortschaft ist, dass alle Wege hier aus Holzstegen und -.treppen bestehen, die auch zu jedem Haus führen. Es gibt hier ca. 10 km Holzstege. Aufgrund der riesigen Holzressourcen hier in Patagonien ist es naheliegend, dass auch alle Häuser aus Holz gefertigt sind.

 

Bei einem Spaziergang - ebenfalls über Holzstege - zu der kleinen Flugpiste lernten wir eine hier ansässige Familie kennen, die gearade das Brennholz für die nächsten 2 bis 3 Monate von einem Lkw auf ein Boot zur Lieferung in die Ortschaft verluden. Dazu muss man wissen, dass die bestehende Straßenverbindung nach Tortel oberhalb des Ortes auf einem Parkplatz endet. Alle Waren, die man in sein Heim transportieren möchte, müssen zu Fuß über die Treppen und Stege getragen werden bzw. größere Dinge und Mengen werden am Rio Baker, der direkt an dem kleinen Flughafen vorbeiführt, verschifft. Der Rio Baker mündet bei Tortel ins Meer und wurden früher die Waren (meist Holz und Vieh) aus dem Landesinneren über den Fluss bis nach Tortel gebracht und hier auf größere Schiffe zum Weitertransport verladen, so entstand auch diese Ansiedlung.

 

Paul und Erich legten bei den Holzverladungsarbeiten Hand an und so wurden wir eingeladen, mit dem Schiff über den Rio Baker zurückzufahren. Diese Flussfahrt führte uns durch die wild romantische Landschaft Patagoniens und war sehr interessant.