September / Oktober 2014
Wie vereinbart standen wir bereits am nächsten Tag, d.h. am 20.09. nach der Abreise von Ernst, wiederum am Flughafen von Vancouver, um Walter und Marcus abzuholen und willkommen zu heißen. Dies war dank des geliehenen Fahrzeugs von Kate problemlos und so hatten wir gleichzeitig eine kleine Stadtbesichtigung während der Rückfahrt nach Nord Vancouver, Deep Cove, wo die Delphin wartete.
Bei strahlendem Sonnenschein unternahmen wir am nächsten Tag einen Ausflug in den nahe gelegenen Lynn Canyon. Über Stock und Stein und durch einen Bach erwanderten wir uns dieses schöne Gebiet, zumeist abseits des schön angelegten Touristenpfades.
Am 23.09. verließen wir Deep Cove nachdem wir unsere Vorräte wieder aufgestockt hatten.
Beim Verlassen von Vancouver meldeten wir uns dieses Mal beim Brückenwärter an, bevor wir zur 'Secondary Bridge' kamen. Bei der Einfahrt nach Nord Vancouver sahen wir zwei hintereinander liegende Brücken, unter denen wir durchfahren mussten. Laut Seekarte sollten beide für uns hoch genug sein. Beim Herannahen hatten wir jedoch Zweifel, ob die Höhe der 2. Brücke tatsächlich für uns reichen würde. Wir tasteten uns langsam heran und Erich hielt am Bug Ausschau. Als wir die erste Brücke hinter uns hatten, merkte er, dass sich die 2. - daher der Name 'Secondary Bridge' – zu heben begann und so war es für uns 'easy' zu passieren. Später erklärte man uns, dass wir Glück hatten, dass der Brückenwärter uns gesehen hat. Normalerweise muss man sich vorher über Funk anmelden und Bescheid geben, wann man die Passage beabsichtige. Bei der zweiten Durchfahrt machten wir dann daher alles richtig.
Zum Eingewöhnen für Marcus und Walter hatten wir an diesem leider etwas trüben Tag eine kurze Strecke ausgewählt, und zwar bis zur Smuggler Cove, wo bereits Seehunde warteten. Aufgrund starker Böen wurde der Zweitanker ausgebracht. Der Ort war bereits 'eingewintert', d.h. wir trafen kaum Menschen und die Lokale waren geschlossen.
Am nächsten Tag motorten wir durch Kanäle zum Jervis Inlet. Bevor wir dieses erreichten, kamen wir an einer berüchtigten Engstelle vorbei, die bei entsprechender Tide gewaltige Strudel und fast Stromschnellen ähnliche Bedingungen hatte. Wir waren – wiederum – (siehe Bericht vom Vormonat) ca. eine halbe Stunde vor Stillwasser an Ort und Stelle. Erich hatte gehörig zu kämpfen, dass sich die Delphin nicht im Kreis drehte. Aber auch dieses Mal halfen die beiden Motoren uns in der richtigen Spur zu halten, dennoch legten wir einen wilden Ritt hin. Ich bin mir sicher, für die drei Beobachter am Ufer boten wir eine interessante Vorstellung, wenn auch der Applaus ausblieb.
Die Rückfahrt am nächsten Tag war dann wieder unspektakulär bei Stillwasser.
Während dieses Tages kamen wir an einem Felsen vorbei, wo sich zahlreiche Robben zum Sonnen trafen.
Am 26.09. hatten wir wie bereits am Vortag, schönen Segelwind, der uns zur Montigue Bay auf Galiano Island, brachte, wo Kate mit ihrem Mann Larry eigentlich zu Hause ist. Wir verbrachten den nächsten Tag mit den Beiden, die uns ein wenig von der schönen Insel zeigten und uns abends zum Grillen einluden.
Von Galiano Island aus fuhren wir bei teilweise dichtem Nebel zurück nach Vancouver, und zwar warfen wir dieses Mal den Anker mitten im Herzen der Stadt, im Fals Creek.
Beim Landgang in die Altstadt zeigte sich uns dieses Mal Vancouver von einer ganz anderen Seite: wir sahen viele Bettler und menschliche Wracks in den Straßen. Später erfuhren wir, dass die Versorgung in Canada zwar für alle gut sei, diese Menschen jedoch aufgrund Drogenkonsums in der Gosse landeten.
Unser Hauptziel in der Altstadt war eine dampfbetriebene Uhr mit Glockenspiel, das alle 15min zu hören ist. Die Uhr fanden wir schnell und so hatten wir noch die Gelegenheit, ein einheimisches Pub zu besuchen.
In der Nähe unseres Ankerplatzes befindet sich die von vielen Besuchern und Einheimischen besuchte Granville Island, wo es u.a. eine tolle Markthalle mit allerlei Spezialitäten und Touristenramsch gibt.
Marcus hatte auf seiner 'Canada to do-Liste' den Besuch des Weinbaugebietes von Okanagan Valley. Schnell hatte er auch uns überzeugt, dass wir uns ein Auto mieten und einen Ausflug ins Innere des Landes machen sollten.
Am 30.09. stiegen wir also vom Schiff auf ein Auto um und begaben uns die nächsten 5 Tage auf folgende Route:
Vancouver - Fort Langley – Princeton – Hedley – Keremeos – Okanagan Falls – Penticton – Naramata – Okanagan Lake – Kelowna – Vernon – Armstrong – Enderby – Salmon Arm – Chase – Kamloops – Little Fort – 70 Mile House – Chasm – Ashcroft – Lytton – Boston Bar – Merritt - Hope und wieder zurück nach Vancouver.
Marcus übernahm dankenswerter Weise, wie zumeist auf der Delphin, das Ruder ähm … ich meine das Steuer und Erich die Navigation. Dies funktionierte für uns beide – Walter und mich – am Rücksitz ganz gut inkl. Cabaret. 'Do hätt ma obiagn solln'. 'Kannst des net glei sagn'. 'I hab's jetzt eh gsagt'. Trotzdem sind wir überall angekommen, wo wir uns etwas ansehen wollten.
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Fort Langley: ein Ort mit vielen hübschen historischen Bauten;
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Hedley: ehemalige Goldmine, das Besondere daran: sie wurde zur Gänze in den Berghang gebaut in 1.525m über dem Ort bzw. 2.130m über Meeresniveau, betrieben wurde sie bis 1949 und 2004 nach mehrjähriger Instandsetzung für den Tourismus geöffnet.
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Keremeos: Übernachtung; eingebettet in Obst.- und Weingärten.
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Okanagan Falls: war für uns ein Reinfall, lediglich kleine Stromschnellen.
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Naramata: Weingärten.
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Okanagan Lake: wunderschöne Seenlandschaft.
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Armstrong: Übernachtung.
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Salmon Arm: Weinverkostung bei einem Winzer, Besuch bei einer Büffelzucht.
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Chase: Übernachtung, Billardspiel mit Indiander.
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Ashcroft: Übernachtung; der Ort liegt eingebettet in fast wüstenähnlicher Landschaft. Dort wo bewässert wird grünt und blüht es, aber auf den Hängen rechts und links des Tales karge, öde Landschaft. Nahe Ashcroft sahen wir einen Stausee sowie eine große Kupfermine.
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Merritt: hierzulande als Hauptstadt der Country Music bekannt; seit vielen Jahren gibt es ein großes jährliches Country Music Festival. In der Stadt sind auf vielen Hausmauern die Bilder bekannter Musiker aus der einschlägigen Musikszene dargestellt. Es gibt hier auch überall in der Stadt die Handabdrücke dieser Musiker à la Walk of Fame in Hollywood.
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Hope: Übernachtung. Nahe Hope sahen wir den Devl's gate, eine tiefe Schlucht, in die man mittels einer Seilbahn hinunter fahren könnte. Hope ist auch bekannt für seine Kettensägen-Skulpturen mit Meisterschaften. Weitere Bekanntheit erlangte Hope durch Dreharbeiten zum Film 'Rambo' mit Sylvester Stallone. Eine der Szenen wurde hier gedreht. Außerdem lernten wir Hopes Fernsehstar einer Reality Show – weiß nicht mehr den Namen der Show und auch nicht des Stars - kennen.
Bei einem der Abende, die wir in einem Pub bei einem Billard Spiel verbrachten, lernten wir Billy, einen Indianer, hier heißen sie 'Angehörige der First Nation', kennen. Er war sehr nett, konnte sehr gut Billard spielen und trank viel. Nach der 10. Runde Bier mit Tequilla hörten wir auf zu zählen. Hier stimmte das Klischee vom trinkenden Indianer. Aber auch nach der ich weiß nicht wievielten Runde, konnte er noch immer gut spielen, wenn auch nicht mehr so verständlich sprechen. Er war trotzdem ein netter Kerl. Um bei diesem Thema zu bleiben: Auf unserer Rundfahrt kamen wir auch immer wieder durch Gebiete, wo überwiegend Indianer wohnen. Die Anhäufung von allem möglichen Gerümpel rund um deren Häuser war augenscheinlich, wohingegen die Häuser und Gärten der 'weißen' Amerikaner durchwegs sehr sauber und ordentlich waren. Hier gehen ganz offensichtlich die Prioritäten der beiden Bevölkerungsgruppen weit auseinander.
Unsere Rundfahrt, die wir keinesfalls missen möchten, endete am 05.10. in Vancouver.
Als wir am nächsten Tag Vancouver endgültig verließen, hatten wir wiederum dichten Nebel und die Nebelhörner der schnell vorbeifahrenden Fähren und Frachtschiffe, hörten sich gespenstisch an – so habe ich mir das von Marcus und Walter erzählen lassen, da ich die meiste Zeit unter Deck im einigermaßen Warmen saß, wohingegen die Beiden – die, wie sagt man? Aussicht bei dichtem Nebel stimmt ja wohl nicht, also vielleicht - das Aushorchen der Umgebung übernahmen. Zur Unterstützung hat Erich das Radar und die AIS Positionen der anderen Schiffe im Auge behalten.
Am Nachmittag warfen wir den Anker in der Bucht Cadboro, unweit von Victoria. Walter, der diese Gegend auf dem Landweg vor ca. 25 Jahren bereiste, konnte sich an diese Bucht und an das später von uns aufgesuchte Lokal – natürlich mittlerweile umgebaut – noch gut erinnern.
Am 07.10. liefen wir mit unserer Delphin in Victoria ein, vorbei an einigen Hausbooten und etlichen Prachtbauten. Mittlerweile hat auch der Indian Summer gestartet und die Bäume begannen sich in den herrlichsten Gelb.-, Orange und Rottönen zu verfärben. Wir ergatterten einen Liegeplatz in einer Marina, wiederum im Zentrum der Stadt, direkt vor dem legendären Empress Hotel (erbaut 1904 bis 1908) und in Sichtweite des Parlamentsgebäudes.
Victoria, die Hauptstadt der kanadischen Provinz British Columbia, hat viele Prachtbauten und wunderschöne Parkanlagen. Wir verbrachten hier drei Tage und genossen die blitzsaubere Stadt mit ihren vielen tollen Lokalen.
Am 10.10. ging es hinüber in die USA, und zwar wollten wir in 'Friday Harbor' einklarieren. Bei unserer Ankunft war es kalt und regnerisch. Die Formalitäten dauerten hier fast 2 Stunden. Alles nur Papierkram. Kein Mensch kam an Bord. Den Papierkram hatten hauptsächlich Marcus und Walter ausgelöst, da sie nur ein ESTA-Visum und kein 'richtiges' Visum hatten, was bei einer Einreise in die USA auf einem privaten Schiff unumgänglich ist. Trotz meines 10Jahres Visums, erhielt ich bei meiner Einreise in die USA nach meinem Europaufenthalt einen Stempel in den Pass mit Aufenthaltsdauer 2 Monate. Diese waren fast abgelaufen und mussten für die Verlängerung ebenfalls Formulare ausgefüllt und Daten im Computer gespeichert werden. Nachdem wir nach dieser Prozedur alle – wie Marcus uns nun nannte – fade Lagale, waren, suchten wir uns in der Bucht einen geeigneten Ankerplatz für die Nacht.
Unser nächster Stopp war im Oak Harbor. Eine schöne Marina, jedoch auch hier außerhalb der Saison keine Bediensteten mehr. Die Anmeldung erfolgt mittels eines ausgelegten Kuverts, auf dessen Vorderseite man die Schiffsdaten einträgt und die An.- und Abfahrtszeit. Die Bezahlung der Gebühr erfolgt durch Bargeld, das man in das Kuvert steckt und in den vorgesehenen Briefschlitz einwirft. Das ist alles. Nach der oben beschriebenen Anmeldung gingen wir in das nahe Städtchen. Wiederum alles sauber und hübsch. Wir fanden auch ein nettes Weinlokal und für den Absacker eine mit interessanten Menschen gut gefüllte Bar. Nach einigen Billardrunden machten wir uns schließlich auf den Heimweg. Marcus und Walter voraus. Sie fanden nunmehr das Eingangstor verschlossen vor. Als Erich und ich bei dem Tor ankamen, hörten wir unsere beiden 'Vorgeher' bereits hinter der Tür. Also alles gut. Oder doch nicht? Plötzlich kam uns Marcus nur in Unterhose und Sweater bekleidet entgegen und öffnete von Innen die Tür. Was war geschehen? Da die Gittertür nicht nur verschlossen war, sondern auch mit Stacheldraht versehen, entschieden sich die Zwei, seitlich durch das Ufer bis zu einer Leiter, die bereits im Inneren angebracht war und zum Steg hinaufführt zu waten. Da gerade Ebbe war, brauchten sie nicht hinüber zu schwimmen. Das Problem war jedoch: das Ufer war kein festes und nach ein paar Schritten versanken die Beiden bis zu den Knien im Gatsch, der mit was weiß ich alles angereichert war. Dem Gestank nach zu schließen, will ich es gar nicht wissen. Zum Glück aber, waren die Duschräume noch offen. So ging auch dieses Abenteuer glimpflich aus – vor allem für Erich und mich!
Auf Empfehlung suchten wir anschließend den ca. 15sm entfernten Hafen von Freeland auf. Der Ort ist in einiger Entfernung vom Hafen und so machten wir uns auf, den nächsten Supermarkt zu suchen. Wir kamen nicht weit, da hielt ein Auto neben uns und fragte, ob wir die Besatzung von dem Segelboot wären. Wir bejahten und bekamen sofort eine Gratisfahrt ins Zentrum.
Am nächsten Tag wollten wir weiter, aber das Wetter hielt uns in der Bucht. Bei Starkwind und Regen mussten wir nicht unbedingt raus.
Das Abwarten hat sich gelohnt, am 15.10. konnten wir bei gutem Wetter hinüber nach Seattle segeln. Wir machten in einer Marina, etwas außerhalb der Stadt fest und genossen in einem wunderschönen Restaurant mit Blick auf die hell erleuchtete Skyline von Seattle ein köstliches Kapitäns Dinner.
Am letzten Tag ihres Besuches gingen wir gemeinsam mit Marcus und Walter nach Seattle Downtown. Ein weiter Hatscher von unserer Marina aus, aber bei herrlichem Wetter. Wir kamen beim 'Space Needle of Seattle' – ein 184m hoher Aussichtsturm vorbei, sahen die Monorail Bahn, beides im Zuge der Weltausstellung 1962 in Seattle errichtet, das 'Riesenrad' und am Abend viele Bars …
Der 17.10. war der Abreisetag von den beiden Besuchern. Wir begleiteten sie noch zum Flughafen – um sicher zu gehen ;-)...
Danach brachen für uns wieder harte Zeiten an: Für mich hieß das: Zurück in die Küche! Walter hat uns mit seiner Kochkunst viele Male verwöhnt und auch anschließend den Arbeitsplatz wieder sauber gemacht (!). Erich musste wieder selbst ans Steuer bei Wind und Wetter, er wurde von Marcus in dieser Hinsicht verwöhnt.
So verlassen, verließen wir am 18.10. Seattle, um Richtung Süden zu segeln. Da wir jedoch Südwind hatten, entschlossen wir uns kurzfristig Richtung Westen zu segeln zur 5sm entfernten Bainbridge Island, wo wir wiederum vor Anker gingen.
Aufgrund der vielen Motorstunden in den letzten Monaten waren einige Servicearbeiten fällig. Auf Empfehlung eines guten Mechanikers, der uns dabei helfen würde, verlegten wir uns nach Poulsbo, das wiederum auf der Halbinsel Kitskap liegt. Dort fanden wir eine günstige Marina, wo wir für die nächsten drei Monate einen Liegeplatz gemietet haben. Die Ortschaft von Poulsbo ist sehr, sehr nett. Sie wird aufgrund ihrer Gründer auch 'Little Norway' genannt.
So und heute ist der 31. Oktober und wir stürzen uns jetzt in das Halloween Spektakel, das sie hier veranstalten.